Ein Plädoyer für Gerechtigkeit und Gottergebenheit

Ein Plädoyer für Gerechtigkeit und Gottergebenheit

Friedrich Schiller, eine wahrlich überragende Persönlichkeit – sprachlich-stilistisch so gut wie unübertroffen und inhaltlich fesselnd.

Neulich stieß ich auf folgenden Ausschnitt in dem Werk „Die Räuber“ und musste innehalten – wie genial!

Das Gespräch zwischen dem Pastor Moser und dem Tyrannen Franz Moor ist äußerst ausdrucksstark und beinhaltet eine große spirituelle Tiefe.

Der tyrannische Franz Moor ruft (gegen Ende des Stückes) den Pastor zu sich, als er geplagt von Albträumen seinen Tod herbeinahen sieht, im Angesicht all der Untaten die er seinen Mitmenschen verbrochen hat.

„Franz:

Höre, Moser, ich will dir zeigen, daß du ein Narr bist, oder die Welt fürn Narren halten willst, und du sollst mir antworten. Hörst du? Auf dein Leben sollst du mir antworten.

[…]

Es ist kein Gott! – Jetzt red‘ ich im Ernste mir dir, ich sage dir: Es ist keiner! Du sollst mich mit allen Waffen widerlegen, die du in deiner Gewalt hast, aber ich blase sie weg mit dem Hauch meines Mundes.“

Franz Moor, der nicht an Gott glaubt, geschweige denn ein Leben innerhalb der Kodize Gottes geführt hat, fordert den Pastor heraus. Die Antwort des Pastors ist simpel, aber faszinierend zugleich.

„Moser:

Das ist die Philosophie Eurer Verzweiflung. Aber Euer eigenes Herz, das bei diesen Beweisen ängstlich bebend wider Eure Rippen schlägt, straft Euch Lügen. Diese Spinnweben von Systemen zerreißt das einzige Wort: Du mußt sterben! – Ich fordere Euch auf, das soll die Probe sein, wenn Ihr im Tode annoch feste steht, wenn Euch Eure Grundsätze auch da nicht im Stiche lassen, so sollt Ihr gewonnen haben; wenn Euch im Tode nur der mindeste Schauer anwandelt, weh Euch dann! Ihr habt Euch betrogen.

Franz (verwirrt):

Wenn mich im Tode ein Schauer anwandelt?

Moser:

Ich habe wohl mehr solche Elende gesehn, die bis hieher der Wahrheit Riesentrotz boten; aber im Tode selbst flattert die Täuschung dahin. Ich will an Eurem Bette stehn, wenn Ihr sterbet – ich möchte so gar gern einen Tyrannen sehen dahinfahren – ich will dabei stehn und Euch starr ins Auge fassen, wenn der Arzt Eure kalte nasse Hand ergreift und den verloren schleichenden Puls kaum mehr finden kann und aufschaut und mit jenem schrecklichen Achselzucken zu Euch spricht: Menschliche Hilfe ist umsonst! Hütet Euch dann, o hütet Euch ja, daß Ihr da nicht ausseht wie Richard und Nero!

Franz:

Nein, nein!

Moser:

Auch dieses Nein wird dann zu einem heulenden Ja. – Ein inneres Tribunal, das Ihr nimmermehr durch skeptische Grübeleien bestechen könnt, wird jetzt erwachen und Gericht über Euch halten.“

Im Augenblick des Todes wird jeder Tyrann, dereinst mit umfassender Macht in der Welt ausgestattet, machtlos – dem Tode zu entrinnen, gar ihn aufzuschieben.

„Moser:

Jetzt zum erstenmal werden die Schwerter einer Ewigkeit durch Eure Seele schneiden, und jetzt zum Erstenmal zu spät. – Der Gedanke Gott weckt einen fürchterlichen Nachbar auf, sein Name heißt Richter. Sehet, Moor, Ihr habt das Leben von Tausenden an der Spitze Eures Fingers, und von diesen Tausenden habt Ihr Neunhundertneunundneunzig elend gemacht. Euch fehlt zu einem Nero nur das römische Reich, und nur Peru zu einem Pizarro. Nun glaubt Ihr wohl, Gott werde es zugeben, daß ein einziger Mensch in seiner Welt wie ein Wüthrich hause und das Oberste zu unters kehre? Glaubt Ihr wohl, diese Neunhundertundneunundneunzig seien nur zum Verderben, nur zu Puppen Eures satanischen Spieles da? Oh, glaubt das nicht! Er wird jede Minute, die Ihr ihnen getödtet, jede Freude, die Ihr ihnen vergiftet, jede Vollkommenheit, die Ihr ihnen versperrt habt, von Euch fordern dereinst, und wenn Ihr darauf antwortet, Moor, so sollt Ihr gewonnen haben.

Franz:

Nichts mehr, kein Wort mehr! Willst du, daß ich deinen schwarzlebrigen Grillen zu Gebote steh‘?

Moser:

Sehet zu, das Schicksal der Menschen steht unter sich in fürchterlich schönem Gleichgewicht. Die Wagschale dieses Lebens sinkend, wird hochsteigen in jenem, steigend in diesem, wird in jenem zu Boden fallen. Aber was hier zeitliches Leiden war, wird dort ewiger Triumph; was hier endlicher Triumph war, wird dort ewige unendliche Verzweiflung.“

In diesem Sinne: der absoluten Gerechtigkeit kann keine Seele entfliehen.

Jedes Lebewesen wird den Tod schmecken, jeder Seele wird jede Tat, ob gut oder schlecht, sei sie lediglich in der Größe eines Staubkorns, vergolten.

„Jede Seele wird gewiß den Tod kosten. Dann werdet ihr alle zu Uns zurückgebracht werden.“
(Surat Al-Ankabut 29, Ayah 57)

Genau aus diesem Grund brauchen wir Kodize; Kodize, die jemand, der unabhängig von der Schöpfung ist, mit der Objektivität der Erhabenheit für die Schöpfung aufstellt. Kodize, die immer gelten und überall. Die keiner seinem Willen unterordnen oder brechen kann.

Das Gewissen als moralische Instanz ist gut, aber nicht ausreichend.

Seyyed Hossein Nasr
“We, that is, the traditionalists like myself, use the term ‘‘modernism’’ not in a vague way as characterizing just things that happen to be around today, but as a particular way of looking at the world, a worldview that began in the Renaissance in the West with such components as Renaissance humanism, rationalism, et cetera. As I have mentioned already, modernism rejects the primacy of absolute and ultimate truth transcending the human order and descending upon the human realm from the Divine Order. It places man himself at the center of the stage as ‘‘the absolute.’’ In a sense it absolutizes the human being in his or her earthly reality. Usually it does not come out and say so explicitly, but that is what it really means; that is, it takes the absolute away from God and puts it on the human plane, and therefore makes human reason, human perceptions, human interests the criteria of reality, of knowledge, of the truth, of the goal of human life. Therefore, as a consequence it substitutes the significance of the temporal and the transient for the abiding and the eternal.”

Menschen können ihr Gewissen pervertieren, zerstören. Aber der Mensch hat keine Verfügungsgewalt über Gottes Kodex, welcher allzeit gültig ist. Und Gottes Kodex ist umfassend, lückenlos – perfekt.

Die Symbiose von Gewissen und Gottergebenheit ist das, was wir brauchen – heute mehr denn je.

Deswegen lasst uns unser Handeln überdenken und uns Gott ergeben, auf das wir zu den Gerechten gehören.

(Auszüge aus Friedrich Schillers „Die Räuber“ – Kapitel 24)

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