Else Lasker-Schüler – Ihre Männer und ihre Lyrik (ELS-Teil 2)

Die faszinierende Liebeslyrik Else Lasker-Schülers kann am besten anhand ihrer mysteriösen Liebschaften aufgezeigt werden.
Obwohl ihre Familie jüdisch-konservativ lebt, und sie auch in diesen Richtlinien erzieht, hat Else Lasker-Schüler ein sehr wildes und chaotisches Liebesleben.
So heiratet sie im Jahr 1894 mit dem praktischen Arzt Dr. Berthold Lasker. Bekannt wird die Verlobung durch eine Anzeige in der örtlichen Zeitung, die durch den Vater aufgegeben wird. „In der örtlichen Zeitung steht am 3. Dezember 1893: »Die Verlobung meiner Tochter Else mit Herrn Dr. med. Berthold Lasker beehre ich mich hiermit ergebenst anzuzeigen. A. Schüler.«“[1].
Sie ist eine Dichterin, er hingegen ist Mediziner. Es scheint keine gemeinsamen Interessen zu geben, und dies bestätigt sich dann auch während der Ehe.
„Und doch bleiben Fragen. Warum hat die junge selbstbewusste Frau einen Mann geheiratet, der so wenig zu ihr passt? Wie findet sie den Mut, mit dreißig Jahren alle Sicherheiten hinter sich zu lassen und ein Leben zu beginnen, das andere sich spätestens mit dreißig Jahren nicht mehr zutrauen? Else Lasker-Schüler hat noch manchmal etwas über ihr Leben mit B. gesagt, aber so verschlüsselt, dass ihre Biographen ratlos davor blieben.“[2].
Darauf folgt schließlich die Scheidung im Jahr 1903, und im gleichen Jahr heiratet sie Herwarth Walden. Aber wer ist Herwarth Walden?
Sowohl in ihrer Zeit, als auch in der Nachwelt wird man ihn als Herwarth Walden kennen. Hinter diesem – von Else Lasker-Schüler vergebenem – Pseudonym steckt Georg Levin, welcher fast zehn Jahre jünger ist als sie. In der Ehe herrschen finanzielle Schwierigkeiten und auch emotional passt das Ehepaar anscheinend nicht zusammen, und das obwohl er auch ein Schriftsteller ist.
Er versucht ihr bei der Vermarktung und bei dem Verkauf ihrer Werke behilflich zu sein, so erscheint z.B. 1905 die Gedichtsammlung „Der siebente Tag“ in seinem „Verlag des Vereins für Kunst“ in der Hauptstadt. Dennoch gibt sich die Dichterin nicht mit ihm zufrieden, so entwickelt sie noch während der Ehe eine Liebe zu Peter Hille, einem Sozialisten, welcher –genauso wie sie – in der „Neuen Gemeinschaft“ aktiv ist. Diese ist eine anarchistisch-kommunistische Kommune, welcher mitunter auch Gerhart Hauptmann angehörte.
Peter Hille, der zu Lebzeiten ein Mentor und Unterstützer Else Lasker-Schülers gewesen ist, starb 1904 in Berlin. Zwei Jahre später erscheint „Das Peter Hille-Buch“ bei ihrem Verleger Axel Juncker. Dieses Buch ist ein beachtliches Zeichen der Liebe. Soviel positive Aufmerksamkeit bekamen nicht einmal ihre Ehegatten – wohl aber negative. Im Jahr 1911 erscheinen „Die Briefe nach Norwegen“ im „Sturm“, dem Verlag ihres Ehegatten Herwarth Walden.
Diese Briefe sollen an den nach Norwegen gereisten Herwarth Walden gerichtet sein, worin sich die Dichterin über ihn und ihre Situation beklagt.
Letztlich führt das zu einer erneuten Scheidung im Jahr 1912, und auch diesmal ist sofort wieder eine andere Liebschaft parat. Sie begegnet Dr. Gottfried Benn, welcher Poet und Arzt zugleich ist. Es verbindet sie also ihr Metier. Sie schreiben sich Liebesgedichte, widmen einander öffentlich Lob und gehen gänzlich in der von ihnen geschaffenen Realität ein. Unglücklicherweise hält auch diese Affinität nur kurzweilig.
Dieses Mal wird nicht sie diejenige sein, die die Beziehung beendet, sondern Gottfried Benn.
Er ehelicht eine andere Frau – sehr zum Unmut Else Lasker-Schülers.
Daraufhin drohen sich beide in Gedichten und liefern sich ein lyrisches Duell, doch die Dichterin geht nicht als Gewinnerin aus diesem Zweikampf.
Ein Jahr später wird sie nach Russland reisen, um sich darum zu bemühen, dass Senna Hoy, ein Anarchist in Haft, freigelassen wird. Auch ist dieser Name wieder nur ein Pseudonym, welches Else Lasker-Schüler Johannes Holzmann gab. Bemerkenswert ist hierbei, dass es sich bei dem Pseudonym um ein Ananym handelt, bei welchem der Name in umgekehrter Reihenfolge geschrieben wird. Möglicherweise hegte sie auch wieder zu diesem Liebesgefühle, die jedoch unerwidert blieben. Des Weiteren unterhält sie während ihrer Ehen bzw. Beziehungen geheime Affären, mit noch geheimeren Menschen, die sie mitunter in ihren Gedichten wiedergibt. Doch von diesen ist nur wenig bekannt.
[1] Decker, K., Mein Herz – Niemandem. Das Leben der Else Lasker-Schüler, Berlin 2010, S. 79
[2] Ebd., S. 88